Mann und Frau am Notebook mit Papier im Labor

Leben retten mit Gesundheitsdaten – ist das auch sicher?

Veröffentlicht am 26.08.2020

Zwei Millionen Menschen in Deutschland spenden regelmäßig Blut. Jeder Blutspender kann zum Lebensretter werden. Mit den eigenen Gesundheitsdaten in digitaler Form könnte das künftig auch klappen. Die Datenspende führt die Medizin in ein neues Zeitalter. Die Deutschen scheinen bereit dafür – unter gewissen Voraussetzungen.

In der Medizin sind es nicht mehr nur bahnbrechende Arzneimittel oder neue Behandlungsmethoden, die Erkrankten Hoffnung geben. Wissenschaft und forschende Unternehmen setzen zunehmend auf die Auswertung und Vernetzung von Gesundheitsdaten. Aus gutem Grund: Je mehr Daten es zu Symptomen, Krankheitsverläufen und Nebenwirkungen gibt, desto effektiver können Diagnosen, die Arzneimittelentwicklung und Therapien werden.

Eine Entwicklung, die einige Länder aktiv vorantreiben wollen. In Australien etwa stehen seit diesem Jahr die Daten aus digitalen Patientenakten auch für Forschungszwecke zur Verfügung. Diese Datenspende ist für alle Personen ab 18 Jahren verbindlich – es sei denn, sie widersprechen ausdrücklich. In Finnland werden digitale Gesundheitsdaten schon seit mehr als 20 Jahren gesammelt. Seit Anfang 2020 haben neben wissenschaftlichen Institutionen auch forschende Unternehmen Zugriff auf diese Daten.

 

Deutsche würden Gesundheitsdaten spenden

In Deutschland scheint eine Mehrheit der Menschen dem Konzept der Datenspende positiv gegenüberzustehen. Mehr als drei Viertel (79 Prozent) sind bereit, ihre Gesundheitsdaten anonym und unentgeltlich digital der medizinischen Forschung zur Verfügung zu stellen, wie 2019 eine repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e. V. (TMF) konstatierte. Das Patientendaten-Schutz-Gesetz gibt ihnen ab 2023 die Möglichkeit dazu. Versicherte können die Daten, die in ihrer elektronischen Patientenakte gespeichert sind, freiwillig in den Dienst der Forschung stellen. Über die Anfang April lancierte Corona-Datenspende-App – nicht zu verwechseln mit der Corona-Warn-App – senden Nutzer schon jetzt über Fitnessarmbänder oder Smartwatches ihre Vitaldaten an das Robert Koch-Institut (RKI), das sich davon genauere Einblicke in die Verbreitung des Corona-Virus erhofft. Bislang haben über eine halbe Million Menschen die Lösung heruntergeladen. Einmal installiert, zeichnet die App rund um die Uhr Aktivitäts- und Pulsdaten sowie Informationen zu Herzfrequenz, Körpertemperatur und Schlafverhalten auf. Das RKI fragt die Werte täglich ab. Die Übermittelung erfolgt verschlüsselt und pseudonymisiert also als lange Abfolge von Buchstaben und Zahlen. Dabei versichert das RKI, dass es zu keiner Zeit persönliche Informationen wie Name oder Anschrift der Nutzer sammelt.

 

Datenspende braucht Datenschutz

Dieses Bekenntnis zum Datenschutz scheint in Deutschland entscheidend für das Konzept der Datenspende. Das legt auch eine repräsentative YouGov-Verbraucherbefragung im Auftrag der Bundesdruckerei aus dem Juni 2020 nahe. Dort stellen zwar nur 13 Prozent den Datenschutz grundsätzlich über den Gesundheitsschutz, allerdings ist das andere Extrem mit 25 Prozent auch nicht mehrheitsfähig. Für immerhin die Hälfte der Befragten halten sich Gesundheits- und Datenschutz die Waage.

Der australischen Opt-out-Regelung stehen die Deutschen durchaus kritisch gegenüber. Nur 18 Prozent können sich laut YouGov-Umfrage im Auftrag der Bundesdruckerei damit anfreunden. 45 Prozent plädieren für eine Opt-in-Regelung: Wie beim Bestellen eines E-Mail-Newsletters müssten sie dabei ihre aktive Zustimmung zur Spende ihrer Daten geben.

Datentreuhänder als neutrale Instanz

Um das Vertrauen in die Datenspende an die Forschung zu stärken, empfiehlt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in einer Stellungnahme vom 13. April 2020 zur Corona-Pandemie zusätzlich zu groß angelegten Medienkampagnen den Einsatz eines Datentreuhänders: Dieser agiert im Auftrag des Bürgers und hat selbst kein kommerzielles Interesse an der Verwertung von dessen Daten. Der Treuhänder garantiert erstens eine sichere, pseudonymisierte Übertragung der Informationen und zweitens, dass nur der Akteur die Daten erhält, dem sie der Spender auch geben möchte.

Und auch in der Datenstrategie des Bundes spielt das Konzept künftig eine Rolle: Das Eckpunktepapier empfiehlt zu prüfen, „welchen Beitrag vertrauenswürdige Datenräume und Strukturen von Datentreuhändern leisten können, um das freiwillige Teilen von Daten zu verstärken“. Einem Gutachten der Datenethikkommission (DEK) zufolge kann das Modell „die digitale Selbstbestimmung unterstützen, indem Treuhänder die Ausübung von datenschutzrechtlichen Betroffenenrechten, darunter das Erteilen und Widerrufen von Einwilligungen und die Wahrnehmung der Rechte auf Auskunft, Berichtigung, Löschung, Datenübertragbarkeit und Widerspruch, teilweise für den Betroffenen übernehmen“.

 

Ein durchaus vielversprechendes Konzept, das laut aktueller YouGov-Umfrage im Auftrag der Bundesdruckerei immerhin 57 Prozent der Deutschen nutzen würden – sofern sie jederzeit nachvollziehen könnten, wer was mit ihren Daten macht. 55 Prozent wollen der Verwendung jederzeit widersprechen können. Rund ein Drittel plädiert für eine dezentrale Speicherung der Informationen. Tatsächlich könnte ein neutraler Datentreuhänder jeder dieser Forderungen gerecht werden – und damit Menschen beim Lebenretten helfen.

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