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AI House Davos: Bundesfinanzminister und Aleph Alpha Gründer diskutieren zu politischen Institutionen im Zeitalter von KI

23. Januar 2024 – Im Zeit Talk, ausgerichtet von der Zeit und der Bundesdruckerei-Gruppe am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos, beleuchteten Bundesfinanzminister Christian Lindner und Jonas Andrulis, CEO und Gründer des KI-Startups Aleph Alpha, die Potenziale von Künstlicher Intelligenz für die Zukunft der politischen Institutionen in Deutschland und Europa.  

Im Mittelpunkt der Panel-Diskussion, moderiert von Jochen Wegner, Chefredakteur Zeit Online, stand die Frage „Kann KI unsere politischen Institutionen smarter, fairer und transparenter machen?“. Lindner und Andrulis diskutierten zu Anwendungsszenarien für die öffentliche Verwaltung, regulatorischen Rahmenbedingungen sowie zur Vision einer Europäischen Souveränität und was es in der Finanzierungs- und Förderlandschaft braucht, um diese zu erlangen.

Foto von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Jochen Wegner, Chefredakteur bei Zeit Online, die sich beim Zeit Talk zum Thema "Europäische Souveränität und politische Institutionen im Zeitalter von KI" am 18. Januar 2024 im AI House in Davos auf dem Podium unterhalten.

Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen, im Gespräch mit Jochen Wegner, Chefredakteur Zeit Online, zum Thema "Europäische Souveränität und politische Institutionen im Zeitalter von KI"  beim Zeit Talk im AI House in Davos.
© Andreas Henn

Enormes Potenzial für Arbeitswelt in politischen Institutionen 

„In Deutschland fragen sich die Menschen oft: ‘Was wird KI mit mir machen? Wie wird es meine Lebens- und Arbeitsweise verändern?’. Zu fragen, was KI mit uns macht, impliziert eine Art des Leidens. Ich denke, wir sollten dieses Narrativ verändern und fragen, ‘Was kann KI für mich tun? Wie kann es meine Lebens- und Arbeitsweise verbessern?’“, so Bundesfinanzminister Christian Lindner. Ein Umdenken sei die Basis, um die Potenziale von KI zu nutzen und diese seien groß: „Es verändert die Arbeitszufriedenheit und ermöglicht mehr Kapazitäten, um qualifiziertere Aufgaben zu erledigen – das wird die öffentliche Verwaltung grundlegend verändern.“ Auch in Hinblick auf den drängenden Fachkräftemangel könne KI ein Teil der Lösung sein, um die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung langfristig sicherzustellen: „[…] wahrscheinlich schneller, effektiver, mit weniger personellen Ressourcen“, so Lindner. KI werde dabei helfen, effizienter zu sein, es brauche aber immer die Verantwortung der Beamten und Beamtinnen, um die Entscheidungen am Ende zu treffen. "Wenn Sie zu Fuß gehen oder wenn Sie ein Fahrrad benutzen, sind Sie schneller, aber die Entscheidung über die Richtung ist Ihre." 

Aleph Alpha Gründer Jonas Andrulis sieht eine fundamentale Veränderung durch ChatGPT und Co.: „Ich denke, dass wir in ein paar Jahren auf die heutige Büroarbeit so schauen werden, wie wir heute auf die zermürbende Arbeit vor der Industriellen Revolution schauen.” Viele Angestellte seien mit einer Menge „unnötiger, uninspirierender, harter Arbeit, die stressig und erdrückend ist“ belastet. „KI gibt uns Superkräfte, um das zu bewältigen“, so Andrulis.  

Effizientere Prozesse – KI-Kompetenz-Center erprobt Anwendungsmöglichkeiten von KI für die Bundesverwaltung  

Um zu erforschen, wie diese „Superkräfte“ der künstlichen Intelligenz in der Bundesverwaltung sinnvoll eingesetzt werden können, hat das Bundesfinanzministerium gemeinsam mit der Bundesdruckerei GmbH den Aufbau eines KI-Kompetenz-Centers (KI-KC) vorangetrieben. Als Teil der Umsetzung der Datenstrategie des Bundes wurde mit dem KI-KC ein interner Inkubator für die Bundesverwaltung geschaffen, in dem sich IT-Aktivitäten mit KI-Bezug technisch einfach und schnell umsetzen lassen. „Wir suchen nach konkreten Anwendungsmöglichkeiten für die KI zum Beispiel in der Zollverwaltung”, so Lindner. Die Prozesse und Formulare zur Zollanmeldung bestimmter Waren seien extrem kompliziert. „Eine KI erkennt die Ware direkt und findet sofort den richtigen Weg zur Zollanmeldung.“  

Großes Potenzial sieht Lindner darüber hinaus in der Verbesserung der Architektur des Steuersystems. Auch in der Vorbereitung von persönlichen Steuererklärungen werde KI zukünftig eine große Hilfe sein. Dafür gelte es, die Voraussetzung in der Software für die elektronische Steuererklärung (Elster) zu schaffen. „KI wird vermutlich viel besser in der Lage sein, das deutsche Steuersystem zu verstehen als die menschliche Intelligenz“, fügt der Minister scherzhaft hinzu. Bei der Prüfung der Steuererklärungen könne KI für Plausibilitätschecks eingesetzt werden und beispielsweise Warnhinweise geben.  

Jonas Andrulis betonte die Komplexität der Anwendung von Sprachmodellen in politischen Institutionen. Das Heidelberger Startup ist tief im Entwicklungsprozess einer Basistechnologie, die sich durch bessere Datensicherheit, Zuverlässigkeit und Referenzierung einen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnte. Beispielsweise bei der Erstellung von Beschlussvorlagen, führte Andrulis aus, sei es enorm entscheidend, die richtigen Informationen aus unterschiedlichsten Quellen zusammenzustellen. Hier brauche es nationale hochspezialisierte Lösungen, die entsprechende Vertraulichkeitsstufen ermöglichen und sicherstellen, dass Quellen und Status der Informationen nachvollzogen werden können.  

„Wir sollten eine Entscheidung treffen: Wollen wir nur Systeme aus den USA oder China oder wollen wir eine Zukunft für europäische Unternehmen und deshalb müssen wir sehr sensibel vorgehen, wenn es um Regulierung geht.“

Foto von Bundesfinanzminister Christian Lindner und Jochen Wegner, Chefredakteur bei Zeit Online, die sich beim Zeit Talk zum Thema "Europäische Souveränität und politische Institutionen im Zeitalter von KI" am 18. Januar 2024 im AI House in Davos auf dem Podium unterhalten.
Christian Lindner - Bundesminister der Finanzen

Die Basis für KI-Anwendungen: Datenzugang durch den Datenatlas   

Im Rahmen der Mitte 2023 überarbeiteten Datenstrategie des Bundes wird verstärkt die Datenbereitstellung und Datennutzung fokussiert. Sowohl der Zugang zu Daten als auch die Verfügbarkeit und effektive Nutzung sollen dadurch in den nächsten Jahren gestärkt werden. Das Bundesfinanzministerium hat hierfür das ressortübergreifende Vorhaben zur Schaffung eines Datenatlas für den Bund ins Leben gerufen. „Man kann KI nur trainieren, wenn man Daten hat und der öffentliche Sektor besitzt so viele Daten – aber wir wissen nicht wo, von welchem Typ und ob sie aktuell oder überholt sind“, so Lindner. Ziel des Datenatlas, der gemeinsam mit der Bundesdruckerei GmbH umgesetzt wird, ist ein Gesamtüberblick über die Datenbestände der Bundesverwaltung. Die Daten selbst verbleiben dabei entsprechend der hoheitlichen Aufgaben datenschutzrechtskonform in den jeweiligen Behörden.  

Entscheidende Rahmenbedingungen für internationale Technologieführerschaft  

Innovative Startups benötigen die richtigen Rahmenbedingungen, um eine Europäische Souveränität sichern und ausbauen zu können. Dafür brauche es selbstverständlich eine Art von Regulierung, jedoch dürfe Europa hier keine Hürden für die eigenen Unternehmen aufbauen. Lindner: „Wir sollten eine Entscheidung treffen: Wollen wir nur Systeme aus den USA oder China oder wollen wir eine Zukunft für europäische Unternehmen und deshalb müssen wir sehr sensibel vorgehen, wenn es um Regulierung geht.“ 

Mit Blick auf die Finanzierung führt Lindner aus, Deutschland müsse die Zusammensetzung des öffentlichen Haushalts umgestalten, um Subventionen für diese Technologie-Bereiche zu ermöglichen. „Denn wir können es uns nicht leisten, in einen Subventionswettlauf mit den USA einzutreten, indem wir alte Industrien und neue Industrien gleichzeitig finanzieren“, so Lindner. „Unsere Aufgabe ist es, die Rahmenbedingungen zu verbessern, die es Unternehmen ermöglichen, in der europäischen Union erfolgreich zu sein. Es ist unsere Aufgabe, die Forschung zu fördern.“ Jonas Andrulis fügte aus Startup-Perspektive hinzu: „Jetzt ist die letzte Gelegenheit, um die Vorherrschaft in der Zukunft zu kämpfen. [...] Das Entscheidende ist, dass wir jetzt beweisen, dass wir es auch können. Dass wir und unsere Partner und Kunden in Europa diese Revolution bei den Hörnern packen können, um hier Werte zu schaffen und uns zu verändern.“ 

Sehen Sie sich die Aufzeichnung des Zeit Talks "Europäische Souveränität und politische Institutionen im Zeitalter von KI" am 18. Januar 2024 im Rahmen des AI House, dem Internationalen Forum für KI-Fortschritt des Stuttgarter Forschungskonsortiums Cyber Valley. 

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