Frau Ärztin mit Patient Gespräch in der Praxis

Datentreuhänder: ehrlicher Vermittler auf allen Ebenen

Veröffentlicht am 20.10.2020

Das Konzept des Datentreuhänders macht hierzulande Schule – wenn auch langsam. Und tatsächlich ist das Potenzial für Verbraucher, Forschung und Wirtschaft enorm. Um es abrufen zu können, braucht es allerdings noch einiges an Aufklärung und politischem Engagement.

Es gibt durchaus Geschäftsmodelle, die den digitalen Wandel vorantreiben und gleichzeitig Vertrauen schaffen. Nur mangelt es ihnen für gewöhnlich an Bekanntheit. Der Datentreuhänder ist eines von ihnen – zumindest laut einer repräsentativen Verbraucherbefragung im Auftrag der Bundesdruckerei von Ende 2019. Kaum ein Viertel der Deutschen hat den Begriff schon einmal gehört oder gelesen. Folgerichtig wissen noch viel weniger – nicht einmal zehn Prozent –, was genau es mit ihm auf sich hat. Nach einer kurzen Erklärung erfreut sich der Datentreuhänder aber einiger Beliebtheit. 50 Prozent der Befragten finden ihn dann anscheinend derart integer, dass sie ihm zu Forschungszwecken Informationen über ihre Gesundheit anvertrauen würden.

Das liegt möglicherweise daran, dass der Datentreuhänder aus diesen hochsensiblen Daten keinerlei Mehrwert für sich schöpft. Er ist vielmehr ein neutraler Vermittler zwischen dem, der seine Daten zur Verfügung stellt, und dem, der sie nutzt. Dabei handelt er wie ein Notar strikt im Auftrag des Datengebers. Er prüft und koordiniert Zugriffsrechte, verschlüsselt Daten und pseudonymisiert sie bei Bedarf, damit niemand Rückschlüsse auf die Identität konkreter Personen ziehen kann. Und wenn es das vereinbarte Mandat zulässt, kann der Datentreuhänder die Daten für den Endnutzer sogar auswerten und aufbereiten.

Wie Datentreuhänder Privatsphäre und Gesundheit schützen

Genau das gehört zu den zentralen Aufgaben eines klinischen Krebsregisters. Onkologen übermitteln dem Datentreuhänder Informationen über die Krebserkrankungen ihrer Patienten. Das Register wertet diese Daten aus und stellt sie – selbstverständlich in pseudonymisierter Form – Medizinern, der Wissenschaft oder forschenden Pharma-Unternehmen zur Verfügung. Diese Gruppe von Nutzern kann dann aus den Informationen wichtige Erkenntnisse gewinnen – zum Beispiel darüber, welches Medikament bei welcher Gruppe von Patienten am effektivsten wirkt. Rein mit Blick auf ihre Datentreuhänderrolle gelten Krebsregister als sogenannte B2B-Intermediäre (B2B: Business-to-Business). Sie vermitteln sozusagen zwischen zwei Unternehmen oder Organisationen – zwischen den datengebenden Onkologen auf der einen und den Nutzern aus dem Klinikalltag sowie der Forschung auf der anderen Seite.

Während B2B-Intermediäre mittlerweile etabliert sind, ist der C2B-Intermediär (C2B: Consumer-to-Business) ein gänzlich neues Konzept. Der Datentreuhänder könnte dabei für Einzelpersonen arbeiten und seinen Kunden ein Einwilligungsmanagement bieten, das sie in ihren Rollen als Verbraucher, Bürger oder Patienten stärkt. Über eine Plattform könnten die Datengeber mit wenigen Klicks entscheiden, welche Unternehmen, Organisationen oder Behörden auf welche Daten zugreifen können. Vor allem in den USA wächst die Zahl der C2B-Intermediäre – eine Antwort auf die Marktmacht der großen Internetkonzerne.

Mehr digitale Souveränität durch bessere Datenverwaltung

Der enorme Zuwachs an digitaler Souveränität, den Treuhänder den Datengebern bringen, liegt auf der Hand. Und von diesem Zuwachs kann am Ende sogar die deutsche Unternehmenswelt profitieren. Denn die Sicherheit durch neutrale Treuhänder könnte dafür sorgen, dass mehr Menschen Informationen mit Dritten teilen, die daraus einen echten Mehrwert für die Gesellschaft entstehen lassen. Je mehr Daten für die Wirtschaft zugänglich sind, desto höher die Innovationskraft und desto größer die Chance, dass sich hiesige Unternehmen gegenüber den großen Plattformbetreibern emanzipieren, denen bislang das Datenmonopol gehörte. Eine gestärkte Wettbewerbsfähigkeit seiner Wirtschaft ist nicht zuletzt im Interesse des Staats. Ebenso wie die Aussicht darauf, dass die Bürger die Datenhoheit behalten und sich zumindest indirekt mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auseinandersetzen.

Eine Zukunft für Datentreuhänder? Auch die Politik ist gefragt

Doch zunächst einmal braucht es die Unterstützung seitens der Politik, damit sich Datentreuhänder am Markt etablieren. Die wichtigste Eigenschaft eines Datentreuhänders ist seine Neutralität. Er muss unabhängig agieren können und darf kein Eigeninteresse an den Daten haben. Diese Neutralität sollte festgeschrieben werden – etwa durch klare Kriterien, offizielle Siegel oder Zertifizierungsverfahren. Darüber hinaus wird es zukünftig darum gehen, Modelle großflächig zu erproben, etwa indem man Pilotprojekte für Industrie, Verbraucher und Daseinsvorsorge fördert. Oder indem man Reallabore einrichtet und Forschungsvorhaben sowie private Anbieter von Treuhänderleistungen unterstützt. Zudem ließe sich die Verarbeitung pseudonymisierter Daten durch einheitliche Verfahren standardisieren, um die Rechtssicherheit für Datentreuhänder zu verbessern. Das wäre im Sinne der medizinischen Forschung und hätte deshalb – gestützt durch eine Erklärung – den Segen vieler Bürger.

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